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«Sinn für Arbeitsamkeit und Sparsamkeit»

Zeitstrahl: 1868

Die Spar- und Leihkasse Meisterschwanden und die Banken im Dorf

Hypothekarbank-Filiale
Hypothekarbank-Filiale Meisterschwanden 2021 (Simon Steiner)

Das Jahr 1868 markiert den Beginn eines neuen Abschnitts in der wirtschaftlichen Entwicklung von Meisterschwanden. Gleich zwei Kreditinstitute entstanden, die für Industrie und Gewerbe im Dorf von Bedeutung waren – die Spar- und Leihkasse Meisterschwanden und die Hypothekar- und Leihkasse Lenzburg. Beide gehörten zur zweiten Welle von Bankengründungen im Aargau. Die erste Welle hatte im frühen 19. Jahrhundert eingesetzt, als sich gemeinnützige Kreise darum bemühten, die grassierende Armut einzudämmen. So gründete die Gesellschaft für vaterländische Kultur 1812 die «Zinstragende Ersparniskasse für die Einwohner des Kantons Aargau», um die ärmere Bevölkerungsschicht zum Sparen zu animieren – eine Einrichtung, die zum Vorbild für weitere Sparkassen werden sollte.

Handelsregistereinträge
Handelsregistereinträge von 1883 (SHAB, Band 1 (1883), S. 153)

Mit der zunehmenden Industrialisierung und Mechanisierung stieg der Kapitalbedarf von Unternehmern, aber auch von Gewerbe und Landwirtschaft. Neben ihrer Funktion als Sparhafen waren die Banken immer mehr als Kredit- und Hypothekargeber gefragt. 1854 beschloss der Kanton deshalb die Gründung der Aargauischen Bank, der heutigen Kantonalbank. Die Spar- und Leihkasse Meisterschwanden folgte 1868 auf lokaler Ebene in Form einer Aktiengesellschaft. Ihr Zweck war es laut Statuten, «Ersparnisse auf bequeme und sichere Weise zinstragend zu machen und dadurch Sinn für Arbeitsamkeit und Sparsamkeit zu wecken, sowie durch Erleichterung des Geldverkehrs die Gewerbe zu heben». Das Aktienkapital betrug 50'000 Franken.

Die Hypi als Konstante

Für die führenden Industriellen im Dorf dürfte die Schaffung der Hypothekar- und Leihkasse Lenzburg im selben Jahr mindestens so interessant gewesen sein. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten auch drei Männer aus Meisterschwanden, der Strohfabrikant Johann Fischer-Eichenberger nahm Einsitz im Verwaltungsrat. Namhafte Vertreter aus dem ganzen Bezirk trugen die Bank. Im Vergleich mit der dörflichen Spar- und Leihkasse verfügte sie über mehr Mittel, auch wenn vom vorgesehenen Gründungskapital von 500'000 Franken zunächst nur knapp die Hälfte gezeichnet wurde. 1872 umfasste die Bilanzsumme der Hypothekarbank rund 1,21 Mio. Franken, jene der Spar- und Leihkasse nach einer Schätzung rund 20'000 Franken. Zehn Jahre später waren es 4,2 Mio. respektive 140'000 Franken.

Hypothekarbank-Agentur
Hypothekarbank-Agentur Meisterschwanden um 1967/68 (Irmiger 1968)

Die Spar- und Leihkasse erwies sich – wie zahlreiche andere Aargauer Lokalbanken in jener Zeit – als zu wenig robust, um die Wachstumskrise der 1880er-Jahre zu überleben. 1883 musste sie liquidiert werden. Die mittelgrossen Banken hingegen blieben der Kundschaft im Seetal erhalten – und sollten dieser im Lauf des 20. Jahrhunderts mit Filialen vor Ort näherkommen. So eröffnete die Aargauische Kantonalbank im Zusammenhang mit der Inbetriebnahme der Wohlen-Meisterschwanden-Bahn 1916 eine Zweigstelle in der Nähe des Endbahnhofs im Gemeindebann von Fahrwangen, wo die Bank bis 2015 präsent blieb. Die Hypothekarbank Lenzburg eröffnete 1966 in Meisterschwanden mitten in der Hochkonjunktur in einer provisorischen Holzbaracke eine ihrer ersten Agenturen ausserhalb von Lenzburg. Im Jahr darauf zog die Hypi-Filiale in den Neubau der landwirtschaftlichen Genossenschaft, 2014 wie die Gemeindeverwaltung ins neue Dorfzentrum. (sst)

Schalterhalle Hypothekarbank
Schalterhalle Hypothekarbank in Meisterschwanden 1990 (Furter 2018, S. 92)

Hier geht es weiter:

  • Furter Fabian. Die HypiStory. Vom landwirtschaftlichen Kredithaus zur digitalen Universalbank. Baden 2018.
  • Irmiger, Walter: 100 Jahre Hypothekarbank Lenzburg 1868–1968. Lenzburg 1968.
  • Jenne, Willy: Die Spar und Leihkassen der Schweiz. Zürich 1915.
  • Ort, Franz: Die Kreditinstitute im Kanton Aargau. Aarau 1951.
  • Püntener, Peter: Spar und Leihkassen. In: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/014063/2012-02-13/
  • Ritzmann, Franz: Die Schweizer Banken. Geschichte – Theorie – Statistik. Bern 1973.