Navigieren in Meisterschwanden

Gedruckte Nachrichten aus und für Meisterschwanden

Zeitstrahl: 1922

Die Lokal- und Regionalpresse am rechten Seeufer.

Anzeiger vom Lindenberg
Der Anzeiger vom Lindenberg erschien ab August 1924 in der Buchdruckerei Siegrist, wie in dieser Ausgabe angekündigt wird.

Wie erfährt man in Meisterschwanden, was in der Welt passiert? Im Zeitalter von Internet und Smartphone mag diese Frage seltsam erscheinen, in der Vergangenheit stellte sie sich aber durchaus. Noch im 18. Jahrhundert waren Zeitungen in der Schweiz vor allem in ländlichen Gegenden kaum verbreitet. Nach der Gründung des Aargaus 1803 kamen die ersten politischen Blätter auf. Auch auf dem Land populär war insbesondere der Schweizer-Bote, den Heinrich Zschokke in Aarau herausgab. In allgemeinverständlicher Sprache brachte Zschokke darin aufklärerische Ideen und wissenschaftliche Erkenntnisse, zum Beispiel über eine ertragreichere Landwirtschaft, unters Volk. Die Zahl der Abonnenten war zwar gering, doch über die Kirche, den Schulunterricht oder in der Wirtschaft verbreiteten sich die Nachrichten weiter.

Zeitungskopf der ersten Ausgaber des Seet(h)alers
Zeitungskopf der ersten Ausgaber des Seet(h)alers aus dem Jahr 1866. (Frei, Beat: Seengen 893–1993, S. 118)

1866 bekam die Region mit dem Seetaler ihre eigene Zeitung. Das wöchentlich erscheinende Blatt aus Seengen positionierte sich als Gegenstimme zu den Zeitungen aus Aarau und dem Wochenblatt aus dem Bezirkshauptort Lenzburg. Der Redaktor, Fürsprech Jakob Sandmeier, verstand sich als Wortführer des Landvolkes gegen die städtische Dominanz und die Ausgabefreudigkeit des Kantons. Er propagierte, wie der Historiker Andreas Müller feststellt, eine «dörflich hausväterische Finanzpolitik» und schrieb dagegen an, dass der Kanton «in die Taschen der Bürger greift». Die kantonale Politik war in der Anfangszeit denn auch der thematische Schwerpunkt des Seetalers, neben internationalen Meldungen erhielten Nachrichten aus dem Seetal nur wenig mehr Platz als solche aus den anderen Aargauer Regionen. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein vertraten Zeitungen einen deutlichen Standpunkt. Im Berner Aargau waren sie konservativ, liberal oder radikal, was die Leserschaft als Qualitätsmerkmal verstand. Der Seetaler positionierte sich als liberales Blatt, neigte jedoch in der Anfangszeit oft zu konservativen Positionen.

Der Anzeiger vom Lindenberg

Nach der Gründung des Seetalers sollte es mehr als ein halbes Jahrhundert dauern, bis am rechten Seeufer eine eigene Lokalzeitung entstand. Im Herbst 1922 gab die Buchdruckerei Häfeli und Stocker in Fahrwangen die ersten Probenummern des Anzeigers vom Lindenberg heraus. Das junge Blatt pries sich als «politisch und konfessionell neutrales Publikationsorgan für das aargauisch-luzernische Lindenberg-Gebiet und das obere Seetal» an. Die Herausgeber waren sichtlich bemüht, eine Zeitung für die gesamte Bevölkerung zu machen und keine soziale Gruppe auszuschliessen. Bereits 1924 übernahm Fritz Siegrist aus Meisterschwanden die Druckerei und damit auch den Anzeiger vom Lindenberg. Ab 1925 wurde im Zeitungskopf die Gemeinde Meisterschwanden genannt, die das Blatt nun als amtliches Publikationsorgan nutzte. Für Lokalkolorit im Blatt sorgten in erster Linie die Leitartikel von Bezirkslehrer Wilhelm Wiss, aber auch die für die damalige Zeit ausführliche Spalte «Aus der Nachbarschaft». Politische Debatten spielten sich ganz auf der Inserateseite ab, wo es Pro- und Contra-Beiträge zu Volksabstimmungen gab. Hier stellten die Ortsparteien vor Gemeinderats- oder Kommissionswahlen auch ihre Kandidaten vor.

Inserateseite
Inserateseite aus dem Anzeiger vom Lindenberg von 1928.

1951 wurde die Zeitung modernisiert und der Titel zu Der Lindenberg verkürzt. Dies verhinderte nicht, dass das Blatt in die roten Zahlen rutschte und nur dank der Akzidenzdruckerei überleben konnte. 1964 kam es zur Zusammenarbeit zwischen dem Lindenberg und dem Seetaler. Diese erschienen in der Folge inhaltlich deckungsgleich und unterschieden sich nur noch durch den Titel. Das blieb zunächst auch so, als das Aargauer Tagblatt (AT) aus Aarau ein Jahr später den Seetaler übernahm. Ab 1973 gab das AT dann für einige Monate eine Splitausgabe als Seetaler Tagblatt heraus, bis den Abonnenten dann das Aargauer Tagblatt zugestellt wurde, das regionale Themen auf der entsprechenden Lokalseite behandelte.

Konzentrationsprozess und Digitalisierung

Der Lindenberg – inzwischen herausgegeben in Meisterschwanden – positionierte sich unter den veränderten Vorzeichen neu und nahm ab 1978 auch den inzwischen verschwundenen Titel Der Seetaler in den Zeitungskopf auf. Mit einem konsequent regionalen Fokus entwickelte sich daraus eine Zeitung, die über lokale Anlässe viel ausführlicher berichtet konnte, als dies dem AT möglich war. Die wirtschaftlichen Umwälzungen im Druckereigewerbe gegen Ende des Jahrhunderts forderten jedoch ihren Tribut, ebenso die fortschreitende Digitalisierung. 1994 übernahm die Kromer AG in Lenzburg als Herausgeberin des Lenzburger Bezirks-Anzeigers (LBA) die beiden Titel. 2002 gingen Der Seetaler/Der Lindenberg zusammen mit dem LBA an die AZ Medien, die seit 1996 die Aargauer Zeitung (AZ) als AT-Nachfolgerin herausgibt. Seit 2018 ist es CH Media, ein Joint Venture von AZ Medien und NZZ-Mediengruppe, das sowohl hinter der AZ als Tageszeitung mit Regionalteil Lenzburg-Seetal als auch hinter der Gratis-Wochenzeitung Lenzburger Bezirksanzeiger/Der Seetaler/Der Lindenberg steht. Letztere dient auch als offizielles Publikationsorgan der Gemeinde Meisterschwanden.

Auf lokaler Ebene erscheint in Meisterschwanden zudem monatlich das Dorfheftli, das 2012 die Meisti-Zytig ablöste und in gedruckter und digitaler Form weit über ein reines Mitteilungsblatt hinausgeht. (sst)

Hier geht es weiter: