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Schon zur Römerzeit lebte es sich gut im Seetal

Zeitstrahl: 1. Jahrhundert n. Chr.

Zwei vermutete römische Gutshöfe auf Meisterschwander Gemeindegebiet.

Zwei vermutete römische Gutshöfe auf Meisterschwander Gemeindegebiet

Aufgereiht wie auf einer Perlenkette, durchzieht eine Reihe von römischen Gutshöfen das rechte Ufer des Seetals. Manche von ihnen sind ausgegraben und archäologisch untersucht, so in Egliswil, Seengen und Sarmenstorf. Auf dem Gemeindegebiet von Meisterschwanden vermutet man zwei solcher Bauernhöfe aus römischer Zeit. Der eine davon dürfte in Tennwil liegen, wo der Flurnamen Steinmüri auf Funde von besonderen Steinen hindeutet. Den zweiten vermutet die Kantonsarchäologie Aargau im südlichen Teil des Gemeindebanns an der Strasse gegen Aesch.

Gutshofs von Oberentfelden
Zeichnung des römischen Gutshofs von Oberentfelden. (Hartmann, Römer, S. 35)

Die Wissenschafterinnen und Wissenschafter gehen davon aus, dass im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung entlang einer römischen Strasse durch das Seetal alle anderthalb Kilometer ein römischer Gutshof entstand. Man legte sie an, nachdem sich das Römische Reich im Jahr 15 vor Christus über die Alpen hinweg ausgeweitet hatte. Sie dienten anfänglich zur Versorgung des Legionslagers von Vindonissa mit seiner Besatzung von 6400 Mann und der dazu gehörenden Zivilsiedlung. Später galt es, bedeutende Ortschaften wie etwa das römische Lenzburg zu ernähren, dessen lateinischer Name noch immer unbekannt ist.

Luxus für die einen, harte Arbeit den Sklaven

Zwischen 100 und 200 Personen, auch Sklavinnen und Sklaven, bauten in diesen Anlagen Getreide an, betrieben verschiedene Handwerke und züchteten womöglich Vieh. Im Seetal stehen die Gutshöfe in nordsüdlicher Richtung und umfassen je eine längliche Fläche von rund 200 auf 600 Meter. Die rund zwölf Hektaren bestanden aus einem Wohnbereich (lateinisch «pars urbana») und einem deutlich grösseren Wirtschaftsteil (lateinisch «pars rustica»). Je nachdem, wie reich die Besitzer waren, schmückten sie den Wohnbereich mit Mosaiken, Säulen oder Wandmalereien. Eine Frischwasserleitung, eine beheizte Badeanlage und ein Abwasserkanal gehörten oft dazu. Im Ökonomiebereich standen die Zugtiere, Pflüge und Eggen, waren Vorräte an Saatgut und Ernte zu finden, ebenso Werkstätten und die Unterkünfte der Sklaven und ihrer Aufseher. Von hier aus bearbeiteten sie die Äcker, Wiesen und Felder.

Verbunden waren die Landwirtschaftsbetriebe im Seetal über eine breite Überlandstrasse. Sie hatte Anschluss an die bedeutende Ost-West-Achse durchs Mittelland, die die helvetische Hauptstadt Aventicum bediente. Und sie führte vom damaligen Lenzburg über Egliswil nach Seengen, wo je ein Strassenstück ausgegraben ist. Die aus einem massiven Kieskoffer bestehende Römerstrasse war hier sieben Meter breit und erlaubte drei römischen Wagen problemloses Kreuzen. Die damaligen Vorschriften schrieben eine maximale Breite eines Gespanns von anderthalb Meter vor. Entlang der Strasse zog sich ein Graben von einem Meter Breite und fast ebensolcher Tiefe, der bei Regenwetter und über nasse Passagen entwässern half. Dann und wann waren aufwändige Brücken oder Fähren nötig.

Die Seetalstrasse führte nach Rom

Die breite Überlandstrasse durchs Seetal führte weiter dem rechten Ufer entlang, überquerte im Gebiet des heutigen Sarmenstorf die Wasserscheide, dann Richtung Zugerland und auf die Bündner Alpenpässe zu. Die Verbindung durch die Provinz Helvetien und ihr Anschluss an das Strassennetz südlich der Alpen, das letztlich bis in die Hauptstadt Rom führte, unterstreicht die damalige Bedeutung des Gebiets am Hallwilersee. Denn hier liess es sich gut leben. Fruchtbare Böden, genügend Wasser und die Ausrichtung nach Süden liessen Getreide und Gemüse gedeihen. Und die Bewohnerinnen und Bewohner der Gegend freuten sich schon damals an der schönen Aussicht auf die Seen und den Alpenkranz. (pze)

Hier geht es weiter

  • Hartmann, Martin; Weber, Hans: Die Römer im Aargau. Aarau 1985.
  • Hartmann, Martin: Bemerkungen zu vier römischen Gutshöfen im Aargau, in: Argovia 104 (1992), S. 517.
  • Flück, Matthias: An bester Lage… Die römische Villa Rustica von SeengenKirchenhügel, in: Heimatkunde aus dem Seetal 94 (2021), S. 34-48.
  • Mehr zur römischen Strasse durchs Seetal: Abgeschlossene Grabungen Kanton Aargau (ag.ch)
  • Mehr zum römischen Gutshof in Sarmenstorf: Sehenswürdigkeiten und Fundorte Kanton Aargau (ag.ch)